Am 31. Januar haben wir unseren ersten Filmabend im Kiezbüro Soldiner 42 veranstaltet. Angesehen haben wir den Film „Die Mondverschwörung“, der sich rund um das Thema Verschwörungstheorien dreht. In diesem Zusammenhang wollten wir wissen: wie sieht es aus mit Verschwörungstheorien in Deutschland und grade auch in Berlin.
Verschwörungsideologien zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass komplexe Probleme und Zusammenhänge stark vereinfacht erklärt werden, indem beispielsweise etwaigen „Eliten“, „der Regierung“ oder sonstigen grauen Eminenzen unterstellt wird, das Weltgeschehen aus Hinterzimmern heraus zu steuern. Verschwörungsideologien beginnen oft scheinbar harmlos, entwickeln jedoch schnell klassisch antisemitische Dynamiken. Sei es eine angebliche Verchippung und Umpolung der Bevölkerung durch Chemtrails oder eine verkürzte Neoliberalismuskritik in der statt die Komplexität der Problematik Kapitalismus anzuerkennen, alle negativen Entwicklungen einer raffgierigen Elite zugeschrieben wird.
Auch in Berlin sind Verschwörungsideolog*innen aktiv. Grade die Szene der Reichsbürger*innen und Selbstverwalter*innen ist eine wachsende Gruppe. Die Szene ist zwar in sich nicht geschlossen und folgt auch oft keiner kohärenten Ideologie, gemein hat sie allerdings, dass sie die Existenz der Bundesrepublik und allen staatlichen Handelns infrage stellen und Fantasiekonstrukte erschaffen wie beispielsweise die angebliche Fortexistenz des „Deutschen Reiches“ oder behaupten, dass die BRD noch im Krieg mit den Alliierten sei.
In Berlin wird derzeit von ca. 670 Reichsbürger*innen und Selbstverwalter*innen ausgegangen, wobei letztere eine Ausnahmeerscheinung darstellen. Im März 2018 waren es noch 550. Der RBB berichtete. Link
Eine Gruppe, die in Berlin aktiv ist, ist die Gruppe „Staatenlos“, die neben ihrer Internetpräsenz seit 2013 eine Dauermahnwache unmittelbar vor dem Hauptportal des Reichstag veranstalten, die sie selbst als „Dauerbelagerung der Reichstags“ bezeichnen und versucht dort Anhänger*innen für ihre Ansichten zu gewinnen. Zusätzlich wurden immer wieder verschiedene Kleindemonstrationen in Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf und Treptow-Köpenick von dieser Gruppe angemeldet und durchgeführt.
Die Gruppe „geeinte Deutsche Völker und Stämme“ ist in Berlin seit 2017 zunehmend aggressiv aktiv. So wurde gegenüber mehreren Bezirksbürgermeister*innen die Übernahme der Amtsgeschäfte erklärt und die Übersendung der amtlichen Flaggen, Siegel und Wappen „angeordnet“. Zudem forderten sie die Bezirksbürgermeisterin des Bezirkes Steglitz-Zehlendorf Ende 2017 auf, das Rathaus zu übergeben und erschienen auch mit drei Personen und einem selbsternannten „Gerichtsvollzieher“ zur „Übergabe“.
Diese Aktionen, aber auch die zunehmenden Widersprüche von Einzelpersonen der Reichsbürger*innenszene gegen jegliche Bescheide und Handlungen von Behörden, wirken sich zunehmend in einem hohen Personal- und Zeitaufwand für die einzelnen Behörden aus.
Kennzeichnend für beide Gruppen ist ihr offenkundiger Antisemitismus. So behaupten diese Gruppen beispielsweise, dass wahlweise Merkel, Kohl oder auch Hitler Juden seien und mit ihrem Handeln jüdischen Profitinteressen dienen.

Das alles macht deutlich: Verschwörungstheorien sind keine einfache „Spinnerei“ sondern gefährlicher Nährboden für antisemitische und rassistische Ideologien. Die Gefahr, die von ihnen ausgeht, muss ernst genommen werden und ihre Ideologie bekämpft werden. Auch gerade wenn man im Alltag, ob auf der Straße oder im Netz, mit kruden Erklärungsmustern konfrontiert wird, ist es wichtig nachzuhaken und Verschwörungstheorien nicht durchgehen zu lassen.