Am 4. November fand wieder eine Veranstaltung in meiner Reihe „Grün gegen Rechts“ statt, diesmal waren wir digital zu Besuch in Reinickendorf.

Als Gäste auf unserem Podium waren mit dabei: eine Vertreterin von der Registerstelle Reinickendorf, Julia Stadtfeld, Integrationsbeauftragte im Bezirksamt Reinickendorf von Berlin, Hinrich Westerkamp, Bezirksverordneter der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der BVV Reinickendorf sowie Günes und Lukas von der Grünen Jugend Nord.

Unser Schwerpunkt in Reinickendorf: Mobilisierung von Rechts. 

Den Anfang machte die Registerstelle mit der aktuellen Lage im Bezirk. Die Registerstelle erfasst in jedem Bezirk rechtsextreme und diskriminierende Vorfälle. Dazu zählen nicht nur körperliche Angriffe oder Beschimpfungen, sondern auch Propaganda in Form von bspw. Stickern, Schmierereien oder ähnliches. Auch Fälle, die unterhalb der Schwelle zur Strafanzeige liegen können & sollen erfasst werden. Die Register sind daher besonders darauf angewiesen, dass jegliche Vorfälle von der Zivilgesellschaft gemeldet werden.

Die Zahlen rechter Vorfälle sind in Reinickendorf seit 2015 stark angestiegen. Dabei sind viele der Taten Gelegenheitstaten. Für 2019 lag die Zahl bei 107 Vorfällen. Die meisten Fälle gab es im Bereich Propaganda. Die Dunkelziffer wird jedoch wesentlich höher geschätzt. da immer mehr zivilgesellschaftliche Träge eingeschüchtert werden.

Seit 2015 hat auch die rassistische Mobilisierung gegen die Eröffnung von Flüchlingsunterkünften zugenommen. Dabei sind fast immer auch NPD oder AfD involviert und sammeln mal Unterschriften oder veranstalten eine Kundgebung.  

Die „Bürgerinitiative gegen MUF am Paracelsusbad“ die 2018 stark gegen den Bau einer Unterkunft mobilisierte war hier auch präsent. Auf zahlreichen Veranstaltungen waren sowohl Vertreter*innen der AfD als auch der NPD anwesend.

Die Registerstelle beobachtet, dass sich die Rhetorik in den letzten Jahren stark verändert hat. Mittlerweile wird weniger offen rassistisch argumentiert, sondern verstärkt auf etwaigen Denkmal- oder Naturschutz als Argument gesetzt. Das Ziel, keine Flüchtlinge in der Nachbarschaft aufzunehmen, bleibt aber das selbe.

Als nächstes berichtete die Integrationsbeauftrage des Bezirkes über ihre Arbeit. Oft gäbe es Fälle in denen Sozialneid („Flüchtlinge bekommen alles, wir nix.“), sowie antimuslimischen Rassismus eine Rolle spielen. Dabei werden oft junge Muslimische Frauen zum Opfer. Zudem steige auch die Zahl der Antiziganistischen Vorfälle.

Aber immer mehr Freizeiteinrichtungen und Jugendclubs arbeiten dagegen & sensibilisieren. In diesem Jahr sollte bspw. eine Veranstaltung mit Tanz & und Sport – Jugend gegen Rassismus stattfinden, die Corona bedingt jedoch abgesagt werden musste. 

Weiter ging es mit Hinrich Westerkamp, der für die Grünen in der BVV sitzt. Auch er beobachtet immer mehr, wie vermeintliche Heimatvereine, dessen Gründung oft von Mitgliedern der AfD ausgeht, versuchen rassistische Hetzte gegen Flüchtungsunterkünfte zu verbreiteten.

Der AfD Stadtrat veranstaltet zudem in vielen Ortsteilen „Bürgergespräche“ auf denen oft auch falsche Vorurteile im Bereich Sicherheit geschürt werden. Dabei musste sogar schon die Polizei richtigstellend einschreiten.

In der BVV selbst gibt es oft ein Antrags-Ping-Pong zwischen AfD und CDU. Letzlich wird dann oft ein CDU-Antrag mit AfD-Inhalten mit den Stimmen der AfD beschlossen.

Günes stellt die Arbeit der GJ Nord vor. Die Ortgruppe der GJ Berlin Nord umfasst die Bezirke Reinickendorf und Pankow. Im Zentrum ihrer Arbeit steht die Bildungsarbeit und der Aktionismus. Die Bezirksgruppe unterstützt aber auch den Wahlkampf. Am Wahlkampfstand wurden in der Vergangenheit bereits Aktive beschimpft. Im letzten Europa-Wahlkampf beobachteten die Aktivist*innen zudem oft Sticker unter denen Rasierklingeln versteckt waren. Sie startete daher einen Aufruf die Sticker lieber zu überkleben, statt sie abzukratzen und sich dabei möglicherweise zu verletzten. 

In der anschließenden Debatte ging es sowohl um die rechte Szene, die schon zu Westberliner Zeiten stark aktiv in Reinickendorf war, und besonders in den äußeren Teilen des Bezirks immer wieder in Familiensiedlungen nach Zustimmung sucht.

Aber auch die Reinickendorfer Schulen, an denen es immer wieder zu rassistischen oder antisemitischen Fälle kommt, spielen eine Rolle. Betroffenen wissen oft leider nicht an wen sie sich wenden müssen, um Hilfe zu bekommen. Dabei könnte sowohl die Registerstelle, als auch die Diskrimminierungsbeauftragte vermitteln. 

Aber auch Ehrenamtliche aus verschiedenen Kontexten erzählen von Erfahrungen mit der rechten Szene. Auch die Querdenker Bewegung und die Verschwörungen rund um Corona spielen eine Rolle. 

Am Ende des Abends stand fest: Die demokratische Vernetzung muss voran getrieben werden, um zivilgesellschaftlichen Druck auf Rechts auszuüben. 

Wir bedanken uns herzlich bei unserem tollen Podium für die spannenden Einblicke in ihre Arbeit & bei allen Teilnehmer*innen für die spannende Diskussion.