Am 16. November fand erneut eine Veranstaltung in meiner Reihe „Grün gegen Rechts“ statt, diesmal waren wir digital zu Besuch in Tempelhof-Schöneberg.
Als Gäste auf unserem Podium waren mit dabei:
eine Vertreterin der Registerstelle Tempelhof/Schöneberg, Nina Freund, Vorsitzende der Grünen Tempelhof/Schöneberg, eine Vertreterin von Hate Aid, Marina Chernivsky vom Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment ZWST e.V. und Jonas von der Grünen Jugend Tempelhof-Schöneberg.
Unser Schwerpunkt-Thema in Tempelhof-Schöneberg: Hass im Netz
Die Registerstelle hielt eingangs einen kurzen Input-Vortrag zu ihrer Arbeit, den Fallzahlen der letzten Jahre und der aktuellen Lage im Bezirk. Die Registerstelle erfasst in jedem Bezirk rechtsextreme und diskriminierende Vorfälle. Dazu zählen nicht nur körperliche Angriffe oder Beschimpfungen, sondern auch Propaganda in Form von bspw. Stickern, Schmierereien oder ähnliches. Auch Fälle, die unterhalb der Schwelle zur Strafanzeige liegen können & sollen erfasst werden. Die Register sind daher besonders darauf angewiesen, dass jegliche Vorfälle von der Zivilgesellschaft gemeldet werden. Dafür kann man sich direkt an die Registerstelle wenden, die neue Berliner APP ANDI der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz & Antidiskrimierung nutzen oder eine der anderen Anlaufstellen kontaktieren. Alle Infos findet ihr online.
In Tempelhof/Schöneberg werden vor allem Propaganda-Vorfälle gemeldet. Aber auch Bedrohungen und Angriffe kommen immer wieder vor. Meist gibt es einen rechten, rassistischen oder antisemitischen Hintergrund. Ein örtlicher Schwerpunkt ist dabei besonders in Mariendorf festzustellen. Aber auch hier ist die Dunkelziffer groß, da das Register auf Meldungen angewiesen ist und das Meldeverhältnis von der Bekanntheit vor Ort abhängig ist.
Die Registerstelle hat im letzten Jahr jedoch auch Fälle erfasst, bei denen Initiativen und Behördenstellen im Bezirk anonyme Mails mit antisemitischen und anti-muslimischen Inhalten bekommen haben.
Weiter geht es mit Nina Freud aus dem Vorstand der Grünen Tempelhof-Schöneberg. Sie spricht über die Erfahrungen des Kreisverbandes und die politische Debatte im Bezirk.
Im Kreisverband hat sich eine AG gegen Rechtsextremismus gegründet die Strategien gegen die Zunahme von Rechtspopulismus entwickeln und Betroffene stärken will. Mit der AG zusammen haben wir auch die Veranstaltung gemeinsam durchgeführt. Die AG will zudem sowohl öffentlich Haltung zeigen als auch über Möglichkeiten zur Schaffung von Angeboten und Veranstaltungen zum Umgang mit Diskriminierung im Bildungsbereich zu sprechen.
Nina Freud berichtet zudem von einem Bündnis gegen Antisemitismus, welches sich im Bezirk gründen will. Das Ziel ist eine Vernetzung von zivilgesellschaflichen, politischen und behördlichen Akteur*innen sowie die Stärkung des Problembewusstseins im Kontext Antisemitismus.
Da unser Schwerpunkt „Hass im Netzt“ ist, sitzt auch eine Vertreterin von Hate Aid mit am digitalen Tisch. Die Organisation Hate Aid setzt sich gegen digitale Gewalt ein und bietet Hilfe für Betroffene. Dabei geben sie viele Tipps im Umgang: Zum Beispiel Angriffe nicht persönlich zu nehmen und sich bewusst zu machen, dass man nur als Feindbild oder Symbol dienen soll. Und man sollte Selbstschutz an erste Stelle stellen und sich bewusst aus Diskussionen oder Netzwerken raushalten, wenn man merkt die Belastung wird zu groß.
Sie berichtet davon, dass 54% der Internetnutzer*innen sich mittlerweile nicht mehr trauen ihre politische Meinung im Netz zu äußern – aus Angst vor Hass und Hetze.
Das kann dazu führen, dass Personen die Hate-Speech betreiben lauter sind und als Mehrheit wahrgenommen werden, wenn es keinen Widerspruch gibt. Zivilcourage zeigen und laut sein gilt daher sowohl auf der Straße als auch im Netz.
Solltet ihr betroffen sein von Digitaler Gewalt wendet euch gerne an per Mail oder über soziale Netzwerke bei Hate Aid oder andere Organisationen die hier unterstützen können. Ihr seid mit HateSpeech nicht allein!
Als nächstes berichtet Jonas von der Grünen Jugend Tempelhof-Schöneberg. Er erzählt von der Arbeit der Grünen Jugend im Bezirk und allgemeine Phänomene im Bereich der digitalen Gewalt. Die GJ unterstützt antifaschistische Arbeit im Bezirk und ist immer wieder auf Demos beispielsweise gegen Verschörungsideolog*innen und Nazis anzutreffen.
Anschließend berichtete Marina Chernisvsky von der Arbeit des Kompetenzzentrum für Prävention und Empowerment. Das Kompetenzzentrum ist ein Institut für Bildung, Beratung und Praxisforschung zu Antisemitismus und Diskriminierung. Antisemitische Gewalt ist auch heute noch ein wichtiges Thema und findet sowohl online als auch offline statt. Seit dem Anschlag in Halle wurde jedoch nochmal ein besonderes großer Zuwachs beobachtet. Betroffene berichten, der Antisemitismus nehme besonders online immer mehr zu. Das führt auch dazu, dass das Unsicherheitsgefühl auch offline immer mehr steigt.
In der anschließenden Debatte haben wir über Vernetzungsmöglichkeiten gesprochen. Im nächsten Jahr soll die Vernetzung lokaler Partner*innen noch weiter vorangetrieben werden. Aber auch Fortbildungen und Workshops im Umgang mit digitaler Gewalt und die Verstrickung von rechtsextremen Einstellungen mit Frauen und LGBTIQ* Feindlichkeit war Thema der Debatte.
Fazit des Abends: Zukünftig muss ein engerer Austausch zwischen Zivilgesellschaft und Politik im Bezirk stattfinden, damit Hass und Hetzte weder online noch offline Raum einnehmen können.
Wir bedanken uns herzlich bei unserem tollen Podium für die spannenden Einblicke in ihre Arbeit & bei allen Teilnehmer*innen für die spannende Diskussion.